Empfehlung der Brüsseler Europäischen Kommission für den Kandidatenstatus der Ukraine

Stand: 17.06.2022 14:33 Uhr

Die EU-Kommission empfiehlt, die Ukraine und Moldawien offiziell als EU-Beitrittskandidaten zu benennen. Dies erklärte Kommissionspräsidentin von der Leyen. Er forderte aber auch Reformen in den Ländern.

Die EU-Kommission befürwortet die offizielle Benennung der Ukraine und der Republik Moldau als Kandidaten für den Beitritt zur Europäischen Union. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte in Brüssel, die Ukraine habe deutlich ihren Wunsch bekundet, den europäischen Werten und Standards gerecht zu werden, und ihr dürfe daher der Status eines Kandidaten verliehen werden.

“Die Ukrainer sind bereit, für diese europäische Perspektive zu sterben”, sagte von der Leyen mit Blick auf den Angriffskrieg Russlands gegen das Land. Wir wollen, dass sie den europäischen Traum leben können.

Allerdings nannte von der Leyen die Bundesländer “wichtigere Reformen”. Für Georgien, das ebenfalls einen EU-Beitritt anstrebt, empfahl sie derzeit nur eine “europäische Perspektive”. Tiflis sollte der Kandidatenstatus nur zuerkannt werden, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind.

Die Europäische Kommission empfiehlt der Ukraine den Kandidatenstatus

Kerstin Palzer, ARD Berlin, Tagesschau um 12:00 Uhr, 17.06.2022

Auch in der EU fordert Baerbock Reformen

Auch die Bundesregierung stimmte zu. „Die Ukraine verteidigt auch die Werte Europas. Allein aus diesem Grund darf sich die EU ihr nicht verschließen“, schrieb Außenministerin Annalena Baerbock auf Twitter. Der Russlandkrieg sei ein historischer Wendepunkt für den Kontinent, betonte er. “So wie wir jetzt entscheiden, wird es die Situation in Europa noch lange prägen, auch wenn der Beitrittsprozess noch lang und mühsam ist.” Dasselbe gilt für Moldawien.

Allerdings „wird es nicht reichen, mehr Stühle in Brüssel zu kreisen“, sagte Baerbock und forderte auch Reformen in der EU. “Es ist Zeit, sie fallen zu lassen und weiterzumachen.”

Die EU-Staaten müssen noch zustimmen

Damit legt die Brüsseler Behörde den Grundstein für eine mögliche Entscheidung der EU-Mitgliedstaaten. Die Staats- und Regierungschefs wollen sich Ende Juni bei einem Gipfel damit befassen. Alle Mitgliedstaaten erklären sich bereit, entsprechende Gespräche aufzunehmen.

In einer ersten Reaktion bedankte sich die Ukraine für die Initiative der Europäischen Kommission. Dies wird dem Land im Krieg gegen Russland helfen. Es wird nun erwartet, dass auch die EU-Staats- und Regierungschefs dem Vorschlag zustimmen, teilte das Büro von Präsident Wolodymyr Selenskyj mit.

Michael Grytz, ARD Brüssel, auf Empfehlung der EU-Kommission

Tagesschau 14:00, 17.6.2022

Rechtsstaatlichkeit und Korruptionsfragen

Das nun von der EU-Kommission vorgeschlagene Verfahren sieht vor, der Ukraine und der Republik Moldau den Status von EU-Beitrittskandidaten zu verleihen. Gleichzeitig ist die Behörde der Ansicht, dass weitere Fortschritte im Beitrittsprozess an bestimmte Bedingungen geknüpft werden sollten. In beiden Ländern gibt es Defizite im Bereich der Rechtsstaatlichkeit und bei der Korruptionsbekämpfung.

Die Ukraine mit mehr als 40 Millionen Einwohnern beantragte vor etwa dreieinhalb Monaten, kurz nach Beginn des russischen Angriffs auf sie, den EU-Beitritt. Kurz darauf bewarben sich auch das kleine Nachbarland Moldawien und Südosteuropa um die Mitgliedschaft. Moldawien hatte zuletzt etwa 2,6 Millionen Einwohner, Georgien etwa 3,7 Millionen.

Bundeskanzler Olaf Scholz, der französische Präsident Emmanuel Macron, der italienische Ministerpräsident Mario Draghi und der rumänische Präsident Klaus Iohannis haben sich am Donnerstag bei einem Besuch in Kiew für eine rasche Gewährung des Kandidatenstatus in der von Russland angegriffenen Ukraine in der EU ausgesprochen .

Skepsis unter den Mitgliedsländern

Nach der Empfehlung der Kommission müssen die EU-Staaten nun entscheiden, wie es weitergeht. Die Ansichten der Regierungen zu diesem Thema gehen bisher weit auseinander. Länder wie Portugal und die Niederlande halten die Verleihung des Kandidatenstatus an osteuropäische Staaten für verfrüht und rein symbolisch. Ein weiteres Argument von Skeptikern ist, dass die EU mit ihrem Einstimmigkeitsprinzip etwa in der Außen- und Sicherheitspolitik ohnehin als schwerfällig gilt. Sie fordern zunächst interne Reformen, bevor sie neuen Partnern die Tür öffnen.

Deutschland und Frankreich argumentieren dagegen, dass der Bewerberstatus keine Zulassungsentscheidung vorsehe und nicht an eine Frist geknüpft sei. Die Türkei beispielsweise ist seit 1999 Beitrittskandidat.

Übersicht zum Thema Krieg in der Ukraine

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