Kreml-Sanktionen gegen Gazprom Germania und ihre Tochtergesellschaften könnten deutsche Steuerzahler und Gasverbraucher mit Mehrkosten von rund fünf Milliarden Euro pro Jahr belasten. Weil Gas dringend als Alternative gekauft werden muss, kommen nun zusätzliche Kosten hinzu. Ein Teil davon soll ab Oktober in Form einer Gassteuer an die Energieversorger und damit an die Endkunden weitergegeben werden.
Die entsprechenden WELT AM SONNTAG-Informationen wurden von mehreren Branchenvertretern bestätigt. Zur konkreten Kostenhöhe der Moskauer Sanktionen wollte sich das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz nicht äußern.
Kein Gas mehr seit dem 11. Mai
Der Kreml stoppte die Belieferung von Gazprom Germania mit einem Dekret vom 11. Mai. Das Russland-Embargo gilt als Vergeltung, weil die Bundesregierung zuvor die deutsche Tochtergesellschaft des russischen Energieriesen Gazprom unter Vormundschaft gestellt hatte. Infolge des Shutdowns muss Gazprom Germania nun Ersatzteile zu hohen Preisen auf dem Großhandelsmarkt einkaufen, um weiterhin Lieferverträge mit deutschen Stadtwerken und Regionalversorgern anbieten zu können.
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Nach früheren Berichten von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) handelt es sich um Lieferausfälle von etwa zehn Millionen Kubikmetern pro Tag: „Diese Mengen können anderweitig auf dem Markt eingekauft werden, und es ist Aufgabe der Zeit, sie zu bekommen die Quoten zurück “.
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Die Gegenmaßnahmen von Gazprom machen deutlich, was größere Unterbrechungen der Gasversorgung bedeuten können. Erstens wird der Bundeshaushalt stark belastet, weil Gazprom Germania mit Staatsgeldern Gas zu hohen Preisen einkaufen muss. Zudem müssen Gasspeicher teuer befüllt werden und die Zeit bis zum nächsten Winter wird knapp.
Dringende Ersatzbeschaffungen
Der Bundeshaushalt wird in Milliardenhöhe belastet, wie die Preisentwicklung auf der europäischen Gashandelsplattform TTF belegt. Ihm zufolge muss die Bundesnetzagentur als Treuhänderin von Gazprom Germania seit Mitte Mai durchschnittlich rund 85 Euro pro Megawattstunde Erdgas zahlen. Vor dem Krieg waren Preise zwischen 20 und 30 Euro üblich.
Bei zehn Millionen Kubikmetern pro Tag – was je nach Gasqualität einer Energiemenge zwischen 105.000 und 115.000 Megawatt pro Stunde entspricht – sind ihnen bisher täglich Kosten von bis zu 9,7 Millionen Euro entstanden. Bei Beibehaltung dieses Großhandelspreises summieren sich die Belastungen für den Bundeshaushalt auf rund 3,5 Milliarden Euro pro Jahr. Bei geschätzt einem Drittel der Anschaffungskosten, die beim Weiterverkauf an Versorgungsunternehmen erzielbar sind, beläuft sich die Belastung der Steuerzahler auf weit über 2 Mrd. € pro Jahr.
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Allerdings könnten auch die Kosten weiter steigen: Die Gaspreise haben zuletzt die 100-Euro-Schwelle pro Megawatt überschritten. Für den Fall, dass dieses Niveau der neue Durchschnitt ist, könnten dem katalanischen Ombudsmann auch Vertragskosten von mehr als elf Millionen Euro pro Tag entstehen. Das wären mehr als vier Milliarden Euro im Jahr.
Quelle: WELT Infografik
Für die Energiesicherheit im nächsten Winter gibt es zu dem Verfahren wohl keine Alternative. Allerdings ist er politisch sensibel. Denn die deutsche Treuhandverwaltung durch Gazprom Germania verändert die Eigentümerstruktur nicht. Das deutsche Gasunternehmen mit Sitz in Berlin ist nach wie vor eine Tochtergesellschaft von Gazprom Export beim russischen Gasversorger Gazprom. So unterstützen deutsche Steuerzahler russische Energiekonzerne mit Milliarden.
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Es entstehen Mehrkosten im dreistelligen Bereich, weil Trading Hub Europe (THE), ein deutsches Pipelineunternehmen, gesetzlich verpflichtet ist, Energieversorgern finanzielle Anreize zu bieten, um sie zu ermutigen, andere Gasanlagen frühzeitig zu füllen. Eine erste Ausschreibung für diese „Strategischen Speicheroptionen“ endete Ende Mai mit einem Gesamtpreis von 370 Mio. €. Weitere finanzielle Anreize wurden bereits angekündigt, um „die Versorgungssicherheit zu gewährleisten“.
Leerer Gasspeicher
Noch höhere Kosten entstehen bei der Befüllung des Erdgasspeichers im niedersächsischen Rehden. Die Einlagerung dort hat Habeck am vergangenen Mittwoch per Ministerialerlass angeordnet. Deutschlands größter Gasspeicher gehört nach wie vor der Gazprom-Tochter Astora. Da dort aber nichts gespeichert wird, hat die Bundesnetzagentur ihre neuen gesetzlichen Möglichkeiten genutzt und den Speichervertrag mit den Russen gekündigt. Stattdessen wird THE den Speicher nun im Auftrag der Bundesregierung befüllen. Das Gesetz verlangt vor dem 1. Oktober eine Einhaltung von 80 %. Die Beschaffung der dafür benötigten 3,1 Milliarden Kubikmeter Gas kostet zum aktuellen Marktpreis rund 2,5 Milliarden Euro.
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Damit nicht genug: Am 1. November schreibt das Gesetz sogar eine 90-prozentige Einhaltungsquote vor. Diese Menge gilt als unerlässlich, um im Falle eines Gasembargos in Russland ohne größere Einschränkungen überwintern zu können. Sie müssen also mehr Benzin kaufen. Aber es bleibt keine Zeit, auf sinkende Gaspreise zu warten. Da der Porenspeicher technisch nur sehr langsam befüllt werden kann, soll die Einlagerung in Rehden zeitnah beginnen.
Quelle: WELT Infografik
Nach dem Gasspeichergesetz kann der Käufer von THE-Gas ab Oktober die Kosten an die sogenannten Bilanzkreisverantwortlichen, also Regionalversorger und Stadtwerke, weitergeben. Es ist davon auszugehen, dass diese Anbieter den neuen Gaszuschlag auf die Endverbraucherrechnung aufschlagen werden. DIE „wird einen neuen Auftrag ermitteln, veröffentlichen und abwickeln“, bestätigte das Unternehmen auf Nachfrage. Der Zuschlag wird voraussichtlich im Oktober 2022 erstmals festgelegt und sechs Wochen früher, im August, veröffentlicht.
Zusätzliche CO2-Steuer
Der Gaszuschlag für Privatverbraucher könnte laut Erweiterung niedrig ausfallen, weil er von vielen Menschen getragen wird. Teurer wäre es aber so oder so, und es passt zumindest optisch nicht zu dem Versprechen der Regierung, die Last der Energiekosten nicht aus der Hand zu geben. Schließlich ist da noch die stetige Erhöhung der CO2-Steuer auf den Gasverbrauch.
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Vielleicht ist das Wirtschaftsministerium deshalb so schweigsam, wenn es um die zusätzlichen Kosten geht, die durch russische Sanktionen verursacht werden. „Einkaufspreise sind Betriebs- und Betriebsgeheimnisse der Gazprom Germania, über die wir keine Auskunft geben können“, sagte eine Sprecherin von Habeck WELT AM SONNTAG. Bisher war niemand in der Lage, die perfekte Lösung einzusenden, was nicht verwunderlich ist.
Allerdings dürfte hier das Wort „präsent“ der Schlüsselbegriff sein. Denn wenn die deutschen Tochtergesellschaften von Gazprom unter der Schirmherrschaft der Bundesregierung Gewinne machen, kommt das Geld nicht nach Moskau: „Für das laufende Geschäftsjahr hat die Bundesnetzagentur dafür gesorgt, dass die Gewinne im Geschäft bleiben“.
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