Heler Romero ist bereit für den nächsten Eingriff, eine 70-jährige Frau, die an Vorhofflimmern leidet. Der Kardiologe sitzt immer noch in einem Kontrollraum, trägt blaue Soutane, OP-Uniform, umgeben von Computerbildschirmen, die Kurven und Zahlen zeigen. Er spricht über Krankheiten: Schlaganfall, Herzinsuffizienz, Demenz, Depression. „Das sind die schwerwiegendsten Folgen, die durch Vorhofflimmern ausgelöst werden können“, sagt Maria Heimsuchung, Oberärztin im Caritasklinikum Pankow. Bald steht er neben dem OP-Tisch, den man von hier aus durch eine große Glasscheibe sieht. Es wird das Herz der Frau mit einem Katheter und einer Erkältung heilen – mit einer elektrophysiologischen Untersuchung, um die UPR zu verkürzen.
Vorhofflimmern ist eine Volkskrankheit. Das Risiko für einen Europäer, ihn irgendwann in seinem Leben einzustellen, ist hoch. Es sind etwa 27 Prozent. „Das ist das Risiko seines Lebens“, sagt Romero. “Statistisch gesehen betrifft es jeden Dritten.” Mit zunehmendem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit, an dieser häufigsten Art von Herzrhythmusstörungen zu erkranken.
Die Betroffenen fühlen sich oft schlapp, antriebslos, erschöpfen schnell, kommen schnell außer Atem und haben Schwindel. Andere fühlen sich unruhig, sie merken, dass mit dem Puls etwas nicht stimmt, dass er zu hoch ist, er ohne ersichtlichen Grund ansteigt. Es kann sogar zu Krampfanfällen, Verwirrtheit und Ohnmacht kommen. Ein Langzeit-EKG verschafft Klarheit.
„Eine nicht gerade kleine Gruppe von Patienten merkt jedoch nichts und hat keine Symptome. Ein Drittel aller Fälle werden aufgenommen“, sagt Jürgen Meyhöfer, Chefkardiologe, der sich zu seinem Team in die Leitwarte gesellt hat .”
Es kann schwere Schäden verursachen. Hauptsächlich durch Schlaganfälle. Laut der Deutschen Herzstiftung sind mindestens 20 Prozent dieser Schlaganfälle auf Vorhofflimmern zurückzuführen. „Flows change at heart“, beschreibt Meyhöfer das Problem. Der Vorhof zieht sich nicht mehr wie beim Gesunden zusammen. „Blut fließt langsamer, es bilden sich Gerinnsel, die ins Gehirn gelangen und Blutgefäße verstopfen können.“
Vorhofflimmern: Spielen Gene eine Rolle?
Der Rhythmus wird oft verändert, weil die Venen elektrische Impulse abgeben, die sie eigentlich nicht sollen: die sogenannten Lungenvenen. Sie transportieren sauerstoffreiches Blut von der Lunge zum Herzen. Erste Anlaufstelle ist der linke Vorhof. Gehen dort die Zellen des elektrisch aktiven Herzens verloren, senden sie die fatalen Signale aus.
Dies gilt insbesondere für jüngere Patienten ohne Vorerkrankungen. „Mit zunehmendem Alter treten oft verschiedene Krankheiten auf“, sagt Meyhöfer. Bluthochdruck, Diabetes oder Herzinsuffizienz erhöhen das Risiko für Vorhofflimmern. Äußere Einflüsse wie Rauchen oder übermäßiger Alkoholkonsum können eine Rolle spielen, die Wirkung verstärken, auslösen.
Auch eine genetische Veranlagung kann Herzrhythmusstörungen begünstigen. Darauf weist unter anderem eine US-amerikanische Analyse hin, deren Ergebnisse 2004 veröffentlicht wurden: Wissenschaftler haben 20 Jahre lang 2.243 Menschen begleitet, allesamt Nachkommen von Teilnehmern der sogenannten Studie des Framingam-Chores, a Langzeitstudium. Sie hatten doppelt so häufig Vorhofflimmern wie gewöhnlich, wenn mindestens ein Elternteil die gleiche Erkrankung hatte.
Eine wirksame Behandlung ist zunächst mit Medikamenten und, wenn diese nicht mehr anschlagen, mit EPU möglich. Beim gleichen Eingriff wie bei der 70-jährigen Patientin von Maria Heimsuchung werden die Lungenvenen buchstäblich an vier Stellen blockiert, die elektrisch aktiv sind, obwohl sie es nicht sein sollten. „Sie werden isoliert“, sagt Romero. Der leitende Arzt führt einen Katheter durch die Leiste in die Vene ein. Befestigt ist ein kollabierter Ballon, der geöffnet und mit Kühlmittel gefüllt werden kann. Eisige Kälte schließt die Offensivzelle. Wenn alles gut geht.
Heler Romero bewegt eine Computermaus hin und her, ein 3D-Bild eines Herzens erscheint vor ihm auf dem Bildschirm, gehört dem Patienten, den sie zuvor auf dem OP-Tisch hatten, 50 Jahre alt, relativ jung im Bild Kliniker. Das Herz leuchtet gelb, grün, lila, rot. Gelb steht für elektrische Aktivität. Sie maßen es mit einer Sonde, die ebenfalls mit einem Katheter eingeführt wurde.
Romero läuft das Bild, eine gelbe Welle breitet sich aus wie ein kleiner Tsunami. „Hier mussten wir die Welle stoppen“, sagt der Arzt und zieht mit der Maus einen Kreis um den Punkt, der jetzt rot sein sollte. Rot bedeutet: keine elektrischen Impulse. Auch Elektrophysiologen erzielen mit Wärme die gleiche Wirkung wie mit Kälte. Wenn es beim ersten Mal nicht funktioniert, versuchen Sie es auf diese Weise. In 80 Prozent der Fälle ist jedoch der erste Versuch erfolgreich.
„Das ist mittlerweile ein sehr gängiges Verfahren“, sagt Chefarzt Meyhöfer. Bei der Heimsuchung Mariens hatten sie gerade damit begonnen. Sie bauten einen Bereich des Krankenhauses für Elektrophysiologie um und installierten ein Röntgengerät, das sich um die Patientin dreht, um ihr Herz aus verschiedenen Positionen zu sehen. Die Aufzeichnung läuft kontinuierlich.
Romero und sein Team legten Bleiwesten an, darunter auch Bleischürzen, um sich vor Strahlung zu schützen. Der Patient ist nun eingetroffen und für das EKG verkabelt. Kurz nach Beginn der Anästhesie schläft sie ein. Der Aufguss läuft bereits.
Hier behandeln sie wöchentlich vier Patienten mit Elektrophysiologie. „Wir wollen die Zahl in Zukunft verdoppeln“, sagt Meyhöfer. Obwohl einige Krankenhäuser in Berlin diese Therapieform mittlerweile anbieten, ist der Bedarf und die Nachfrage groß. Und sie konnte aufsteigen. Aufgrund der langen Covid.
In einer großangelegten Studie haben Wissenschaftler mehr als 150.000 ehemalige Angehörige des US-Militärs nach überstandener Kroneninfektion begleitet. Sie verglichen die erhobenen Gesundheitsdaten mit Personen, die nicht mit Sars-CoV-2 infiziert waren. Fälle von Vorhofflimmern nahmen bei Patienten mit Long Covid stark zu, etwa 70 bis 85 Prozent.
Aber auch ohne die Spätfolgen der Pandemie gibt es seit 50 Jahren einen klaren Trend. In den 1970er Jahren hatten Kardiologen hierzulande vor allem mit Herzinfarkten zu kämpfen. Doch schon damals warnte der renommierte Herzspezialist Eugene Braunwald aus den USA, dass Vorhofflimmern zum Hauptproblem werden würde. Er sollte recht haben. “Die Frequenz”, sagt Heler Romero, “hat deutlich zugenommen.”
Eine Erklärung liegt im demografischen Wandel. 1970 betrug die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland 67,2 Jahre für Männer und 73,4 Jahre für Frauen. Bis 2020 stieg der statistische Durchschnitt auf 78,9 und 83,6 Jahre. Ab dem 65. Lebensjahr steigt die Wahrscheinlichkeit, an Vorhofflimmern zu erkranken, mit allen möglichen Folgen deutlich an. Auch solche, die ein Laienarzt zunächst nicht mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung bringen würde. Zum Beispiel: Demenz.
Vorhofflimmern kann Demenz auslösen
„Demenz im Zusammenhang mit Vorhofflimmern wird jetzt intensiver untersucht“, sagt Romero. Ein Auslöser dafür könnten Mikroembolien sein: Blutgerinnsel, die zu klein sind, um einen Schlaganfall auszulösen, verstopfen aber kleinere Gefäße im Gehirn und führen so zu Gedächtnisstörungen. „Die Gerinnsel bilden sich im linken Vorhof“, sagt der Oberarzt. Und genau da setzt er mit einem Katheter an.
Ein großer Bildschirm über dem Patienten zeigt den Röntgenfilm, der zeigt, wie Romero eine Sonde in seinem Herzen platziert, die elektrische Impulse misst und Daten an den Kontrollraum sendet. Ein Computer vereint sie in einem 3D-Herz, gelb, grün, lila, rot. Eine Krankenschwester überwacht den Vorgang, kontrolliert die Kurven, liest die Messwerte ab und gibt Informationen über Kopfhörer an Romero weiter. „Mein Co-Pilot“, sagt der Arzt.
Währenddessen bohrte er ein kleines Loch in die Herzscheidewand und schob den Ballon mit einem Katheter vom rechten Vorhof zum linken, millimetergenau ans Ziel. Jetzt öffne ihn, den Ballon, fülle Kühlmittel ein, die Temperatur sinkt schnell. Das ist in einer Ecke des Bildschirms zu sehen: minus 40 Grad, minus 45, minus 55. Eine Uhr zählt bis 180 Sekunden herunter, der Eingriff ist an dieser Stelle im Herzen im Moment beendet.
„In 20 Minuten wird noch einmal geprüft, ob der Eingriff erfolgreich war“, sagt Meyhöfer. „Wenn dies der Fall ist, dann gehen wir davon aus, dass das Problem dauerhaft behoben ist.“ Eine elektrophysiologische Untersuchung dauert ein bis zwei Stunden. Eine lange Zeit, in der Romero und sein Team hochkonzentriert bleiben müssen. Dabei verrichten sie auch schwere körperliche Arbeit. Ihr Röntgengerät wiegt zwölf Pfund. Nehmen Sie nun die Bleirüstung ab, heben Sie die Weste und die Schürze zu einem Kleiderschrank.
Der Patient wird aus dem Behandlungszimmer verwiesen. Sie ist sich bewusst. Von der Operation habe er nichts mitbekommen. Aber sie kann das Ergebnis fühlen. Mit jedem Herzschlag ein angenehmes Gefühl.